Hand und Kopfrechnen
Der gute Mensch soll
sich hüten vor den Mathematikern und allen denen, die leere Vorhersagungen
zu machen pflegen, schon gar dann, wenn diese Vorhersagungen zutreffen.
Es besteht nämlich die Gefahr, daß die Mathematiker mit dem Teufel im
Bunde den Geist trüben und den Menschen in die Bande der Hölle verstricken.
Bischof Augustinus
354 - 430 A.D.
Glücklicherweise haben nicht
alle Leute auf Augustinus gehört. Auch beginnt die Geschichte der Mathematik
schon viel früher, nämlich mit dem Zählen. Die ältesten bekannten Zahlzeichen,
die man in Grabmälern und Tempelruinen fand, sind ungefähr 6000 Jahre
alt. Es gibt zum Beispiel ein Bericht der in ägyptischen Hieroglyphen
verfaßt wurde. Dieser Bericht handelt von einem Feldzug 3300 v. u. Z.,
in dem von 120000 Gefangenen, 400000 Rindern und 422000 erbeuteten Ziegen
die Rede ist. In Mikronesien dagegen trafen Forscher noch im 18. Jahrhundert
auf Indianerstämme die nur bis drei zählen konnten. Alles was mehr war
als drei , bezeichnete man als "viel". Den Indianern fiel es schwer
sich größere Mengen vorzustellen. Die Anfänge bestanden zunächst darin,
mit Hilfe von Steinen, Fingern, Strichen oder mit Kirsch- und Pflaumenkernen
zu zählen. Mit Hilfe von Körperteilen konnten man dann bereits bis 22
zählen, oder sogar bis 33. Aber rechnen läßt sich mit diesen Zahlendarstellungen
kaum. Auch sind größere Mengen nicht mehr nur mit dem Körper oder anderen
Hilfsmitteln darstellbar. Also mußten Zahlensysteme her, in dem es bessere
Regeln gab. Zunächst die Hieroglyphen :
Die Zahl 1 wird durch
einen Strich symbolisiert, die Zahl 10 durch ein Hufeisen, die 100 durch
eine stilisierte Meßleine, die 1000 durch das Symbol einer Lotusblume.
Für die 10000 war ein Schilfkolben ausgewählt worden (Schilf wuchs viel
am Nil), für die 100000 der Frosch, der damals eine Plage war und für
die Million hatte man ein Symbol ausgewählt, welches den Gott HEH darstellen
sollte.
Auch aus China kennt man
aus dem 14. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung Strichsymbole für Zahlen.
Aus Griechenland und aus slawischen Gebieten sind ähnliche Zahlensysteme
bekannt. Die römischen Ziffern sind ja auch ähnlich aufgebaut, nur daß
sie Buchstaben und keine Striche verwenden:
I = 1, V = 5X = 10L = 50C
= 100D = 500M = 1000
Man nennt solche Zahlensysteme,
bei denen die Zahl aus der Addition der einzelnen Symbole entsteht,
Additionssysteme. Aus dem indisch - arabischen Sprachraum dagegen stammt
das Positionssystem das wir heute benutzen. Mit diesem System lässt
sich schriftlich rechnen, so daß auch kompliziertere Berechnungen von
einfachen Rechenkundigen ausgeführt werden konnten, zum anderen ist
es relativ fälschungssicher. Die Anfänge der heutigen Zahlen lassen
sich bis ins 6. Jahrhundert zurückverfolgen. Sie stammen wahrscheinlich
von der Brahmi-Schrift ab und gelangten über die Inder um das Jahr 650
nach Mesopotamien. 12 Jahre später wurden sie vom syrischen Gelehrten
Severus Sebakt in einem Kloster am Euphrat erwähnt. Mitte des 10. Jahrhunderts
gelangten die arabischen Zahlzeichen schließlich nach Europa. Besonders
für sie eingesetzt haben sich Männer wie Leonardo Fibonnacci, Adam Ries
oder Albrecht Dürer, der im 16. Jahrhundert Drucklettern für Zahlen
einführte.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 0
Die ersten Rechenhilfsmittel
waren ohne Zweifel die Finger. Das Fingerrechnen erfreute sich auch
in Rom großer Beliebtheit und wurde von hier in alle Welt verbreitet.
Mit insgesamt 40 Fingerstellungen konnten die Zahlen bis 200000 dargestellt,
addiert und subtrahiert werden. Noch heute erinnert der Ausspruch: "Das
kannst Du Dir doch an den Fingern abzählen." an dieses berühmte Verfahren.
Sogar das Wort "Digital" stammt vom lateinischen Wort digitus (Finger)
ab.
Sagst du eins, so mußt
du an der linken Hand den Kleinfinger beugen und sein Endglied auf die
Handfläche legen. Bei zwei mußt du den Ringfinger danebenlegen. Bei
drei entsprechend den Mittelfinger. Bei vier mußt du den Kleinfinger
wieder aufrichten. Bei fünf ebenso den Ringfinger. Bei sechs mußt du
wohl den Mittelfinger strecken, aber dann den Ringfinger allein wieder
auf die Handfläche beugen. Bei sieben strecke alle Finger und beuge
nur den kleinen Finger über die Handwurzel. Bei acht lege den Ringfinger
daneben. Bei neun lege den Mittelfinger daneben.
Benediktinermönch Beda
Venerabilis 673-735 A.D.
Ein in Europa verbreitetes
Rechenhilfsmittel war das Kerbholz, wie der Name schon sagt, ein
Holzstück mit Kerben. Auf ihnen wurden Guthaben und Schulden auf
einfache Form "notiert". Jemand, der "etwas auf dem Kerbholz hatte",
konnte durchaus ein angesehener Mann gewesen sein. Von den Ureinwohnern
Amerikas dagegen ist die Knotenschnur bekannt. Das erste künstliche
Rechenhilfsmittel jedoch war unbestreitbar der Abakus.
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