Lochkarten und Lochstreifen

Vorwort

Für den Computer gibt es grundsätzlich nur zwei Arten von Informationen: Strom an oder Strom aus. Diese Urzustände werden in dem Binärsystemen hauptsächlich durch die Ziffern 0 und 1 symbolisiert. 0 steht für Strom aus und 1 steht für Strom an. Diese Ziffern werden auch als Bit (binary Digit) bezeichnet. Diese sind die kleinsten Dateneinheiten im Speichersystem. Durch eine bestimmte Anordnung der einzelnen Bits (0en und 1en) werden Informationen für den Computer kenntlich gemacht. Diese Speicherart finden wir auch bei den Lochkarten. Hier wird allerdings die Ziffer 1 durch eine Lochstelle und die Ziffer 0 durch eine ungelochte Stelle symbolisiert.

Lochkarten

Geschichte und Aussehen

Die Lochkarte wurde als Speichermedium im Jahre 1890 von Herrn Dr. Hermann Hollerith aus den USA erfunden. Er erfand diese zur Vereinfachung der 11. Volkszählung in den USA. Der Erfolg gab ihm recht, denn mit dem Lochkartenverfahren dauerte die Auswertung der Zählung nur 4 Wochen. Im Vergleich dazu dauerte die vorherige Auswertung ca. 5 Jahre. Die Größe der Lochkarte entspricht mit 18,73 cm Kantenlänge und einer Höhe von 8,25 cm der Größe einer damaligen 1 Dollar Note. Die Ecken wurden abgerundet weil sie dadurch nicht so leicht anfällig war für Beschädigungen. Außerdem erhielten die Karten ein weiteres Erkennungsmerkmal. Die linke obere oder untere Ecke wurde abgeschnitten. Dies galt lediglich der visuellen Kontrolle, ob alle Karten in einem Stapel richtig herum lagen. Die Lochungen auf der Karte erfolgen in 12 Zeilen und 80 Spalten die bis auf die 11. und 12. Zeile auf der Karte in Klarschrift eingetragen sind. Da die Daten in Spalten eingetragen werden, kann eine Karte somit 80 Zeichen fassen. Die 12. Zeile befindet sich dabei am oberen Rand der Karte und die 11. direkt unter ihr. Alle diese Angaben sowie die Größe der Lochstellen und seine Plazierungen sind genormt.

Daten auf einer Lochkarte

Auf einer Lochkarte können üblich 64 verschiedene Zeichen (10 Ziffern, 26 Buchstaben, 28 Sonderzeichen) codiert werden. Die Codierung erfolgt spaltenweise und kann anhand einer Codierungstabelle abgelesen werden. Ziffern werden lediglich durch die Lochung der jeweiligen Zeile kenntlich gemacht. Die 0er-Zeile bis hin zur 9er-Zeile werden deshalb auch Ziffernzeilen genannt. Die 11.,12. und 0er-Zeile hingegen heißen Zonenzeilen. Das bedeutet, daß die 0er-Zeile in dieser Bezeichnungsart eine Zwitterstellung hat, weil sie neben der Bedeutung für die Ziffer 0 auch zur Codierung von Buchstaben verwendet wird. Überloch Überlöcher können in der 11. oder 12. Zeile (auch Überlochzone) angebracht werden. Sie können dazu dienen, eventuellen Ziffern eine Wertigkeit zu geben. Eine Lochstelle in der 11. Zeile gibt dieser Ziffer eine negative und eine Lochstelle in der 12. Zeile gibt dieser Ziffer eine positive Wertigkeit. Überlöcher können aber auch noch für andere Informationen stehen, wie zum Beispiel: steuerfreier Betrag/nicht steuerfreier Betrag oder Menge geschätzt/genau abgemessen und vieles mehr.

Organisation der Daten

Da die meisten Zahlen aus mehreren Ziffern, aber Wörter meist aus mehreren Buchstaben bestehen, ist es wichtig, mehrere Spalten zur Sicherung der Information zu benutzen. Die somit entstehenden logisch zusammenhängenden Spalten werden als "Feld" bezeichnet. Ist nun in einer Karte der Platz in diesem Feld nicht ausreichend, so muß der Text gekürzt werden. Auf gar keinen Fall darf die Grenze des Feldes überschritten werden. Diese Grenze wird auf der Lochkarte meist mit einem senkrechten Strich markiert und mit dem jeweiligen Namen in Klarschrift überschrieben. Texte und klassifizierte Zahlen (z. B. Postleitzahlen) werden linksbündig in die Felder eingetragen wohingegen Zahlen, die einen quantitativen Wert haben (z.b.eine Menge), rechtsbündig angeordnet werden. Texte sind ggf. mit sogenannten Blanks (Leerzeichen) bis zur Feldgrenze aufzufüllen bzw. freizulassen. Quantitative Zahlen müssen immer mit Vornullen das komplette Feld belegen. Teilungszeichen, wie zum Beispiel die Punkte im Datum, werden nicht mit auf dem Datenträger gespeichert. Zum einen spart dies etwas vom stark eingeschränkten Speicherplatz, zum anderen kennt die Lesemaschine die Anordnung der Informationen auf der Karte und setzt diese in das vorgesehene Format. Jede Lochkarte muß zur Identifikation und Ordnung einen sogenannten Ordnungsbegriff (wie z.B. Kundenname) besitzen. Wenn mehrere Ordnungsbegriffe vorhanden sind können diese nach Wichtigkeit in primäre, sekundäre und tertiäre Ordnungsbegriffe untergliedert werden.

Geräte zum Arbeiten mit einer Lochkarte

Motorlocher Eine Art Schreibmaschine mit 12 Stanzstempeln. Die Maschine übersetzt das Getippte direkt in den Lochkartencode um und preßt die notwendigen Lochstellen. Eine Verdrahtung zwischen der Tastatur und der Stanzeinrichtung des Lochers löst die entsprechenden elektronischen Impulse zum jeweiligen Stanzvorgang aus. Kartenprüfer Ähnliche Funktionsweise wie der Motorlocher. Der einzige Unterschied besteht darin, daß die bereits gestanzten Karten nochmals eingelegt werden und der entsprechende Beleg nochmals eingegeben wird. Falls ein Datenzeichen nicht mit der Stanzung übereinstimmt dann hält die Maschine an und macht den Schreiber auf den Fehler aufmerksam. Sortiermaschine Diese Maschine sortiert die gestanzten Karten nach einem individuellen Kriterium, das eingestellt werden kann. Die Karten werden in die 13 Fächer einsortiert. Leistung: 600 - 1000 Karten/min Lochkartenleser Seine Aufgabe besteht darin, die jeweiligen Lochkarten abzutasten und die so bekommenen Informationen in den internen Code (binären Code) der EDV-Anlage zu übersetzen. Im Wesentlichen gibt es 2 Arten der Lesetechnik. Zum einen die elektro-mechanische Abtastmethode, in der zwischen stromführender Walze und 12 Abfühlbürsten die Karte läuft. Wenn die Karte jetzt eine Lochstelle aufweist, so berührt die Bürste die Walze und ein Impuls wird registriert und verarbeitet. Zum anderen die photoelektrische Abtastmethode wobei die Karte zwischen einer Fotozelle und einer Lichtquelle läuft. Das Prinzip ist das gleiche. Sobald eine Lochstelle auftritt gelangt das Licht an die spezielle Stelle der Fotozelle wo sie dann wieder registriert und verarbeitet wird. Leistung: 600 - 1200 Karten/min (photoelektrisch) Lochkartenstanzer Das Stanzprinzip zum Motorlocher ist das gleiche. Auch hier werden 12 Stanzstempel je nach Bedarf in die Karte gepreßt. Bei dieser Maschine wird die Arbeit hingegen von der EDV unterstützt und erfüllt auch gleichzeitig die gleiche Aufgabe wie der Kartenprüfer. Dies kann nur deshalb geschehen weil der Lochkartenstanzer, neben der Stanzstation auch noch über eine Lesestation verfügt. Leistung: 100 - 200 Karten/min

Spezialformen der Lochkarte

Mehrzwecklochkarten Aufgrund geringer Datenmenge wird nur die Hälfte einer Karte benötigt. Dann wird diese einfach ein zweites Mal auf der anderen Hälfte benutzt. Es ist dann gängig, die zweite Hälfte auf dem Kopf zu drucken. Abrißlochkarte: Lochkarte mit vertikaler Perforation. Dieser Abschnitt kann als Kontrollabschnitt benutzt werden. Mikrofilmlochkarte: Sie besitzt einen fensterartigen Kartenausschnitt, in dem ein Filmnegativ zur Identifikation einmontiert wird. Verbundlochkarte: Diese Karte kann auch als Urbeleg genutzt werden und wird erst später durch die Lochstellen ergänzt, wobei die Schrift nicht mitgelocht werden darf, da sonst der Beleg seine Gültigkeit verliert. Zeichen-/Markierungslochkarte: Anstelle der Lochungen treten Markierungen, die auch von einer Maschine gelesen werden können.

Lochstreifen

Aussehen und Kapazität

Die Lochstreifenrolle besteht aus leicht pergamentiertem Papier und ist ca. 300 - 340 m Lang, bei einer Breite von ca. 17 - 25 mm. Da die Codierungsform der der Lochkarten ähnelt, und die Zeichen auch in Spalten (bei dem Lochstreifen Sprosse genannt) dargestellt werden, ist eine erheblich größere Datenmenge auf dem Datenträger erfassbar (ca. 120.000 Zeichen). Eine Beschriftung der möglichen Lochstellen ist deshalb unzweckmäßig. Sonderformen der Lochstreifen werden auch aus Kunststoff oder Metallfolien hergestellt.


Unterschiede zur Lochkarte

Nachteilig bei den Lochstreifen ist, daß keine Sortiermöglichkeit gibt. Eine Fehlerkorrektur ist bei den Streifen aufwendiger durchzuführen. Bei aufgetretenen Fehlern bei einer Lochkarte wurde diese einfach ausgetauscht. Dies ist nun bei den Lochstreifen nicht mehr möglich. Wenn hier ein Fehler während der Codierung auftritt, müssen die jeweiligen Sprossen entwertet werden, indem man alle Lochstellen ausfüllt. Lochkarten bestehen aus 12 Zeilen (bei den Lochstreifen Spuren genannt), wohingegen die Spurenzahl bei Lochstreifen variieren kann. Eine Bandbreite von 5 - 8 Spuren ist gängig. Hinzu kommt noch eine sogenannte Taktspur die als ständige Lochung die genaue Position der Sprossen auf dem Streifen symbolisiert und außerdem auch als Transporthilfe bei manchen Maschinen dient. Feste Feldeinteilungen wie bei der Lochkarte sind bei dem Lochstreifen eher ohne großen Nutzen. Die Anzeige, daß ein neues Feld bzw. Satz beginnt, wird beim Lochstreifen durch eine bestimmte Stanzung (z. B. ein Sonderzeichen) erkenntlich gemacht. Diese Zeichen nennt man Trennungs- oder Begrenzungszeichen.

Grundsätzliches Problem

des 5-Spur-Lochstreifen Bei einem 5-Spur-Lochstreifen und einer binären Verarbeitung sind maximal 32 Zeichen darstellbar. Dies reicht aber nicht für die Codierung der Ziffern, Buchstaben und eventuell Sonderzeichen aus. Als Lösung sind sogenannte Umschaltzeichen eingeführt worden. Das bedeutet, daß nach einem Umschaltzeichen für Buchstaben nur Buchstaben folgen und nach dem Umschaltzeichen für Ziffern nur Ziffern folgen, solange, bis ein anderes Umschaltzeichen erreicht wird. Bei einem 6-Spur-Lochstreifen tritt dieses Problem nicht auf, weil 64 Zeichen darstellbar sind.

Video

Video einer Sortiermaschine im Deutschen Museum (München).

Video einer Lochkartenschreibmaschine im Deutschen Museum (München).